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DEUTSCHLANDS DIGITALE GESUNDHEITSKOMPETENZ LÄSST ZU WÜNSCHEN ÜBRIG

Für die Bevölkerung wird es immer schwieriger, sich im Gesundheitssystem zu orientieren und sich in der Vielfalt der unterschiedlichen Gesundheitsinformationen zurecht zu finden. Das ergibt die neue europäische Studie „European Health Literacy Population Survey 2019-2021 (HLS19)“. 17 Länder haben an der Studie teilgenommen, darunter auch Deutschland mit der Universität Bielefeld und der Hertie School Berlin. Die Studie wurde unter anderem durch die World Health Organisation (WHO) Europa initiiert.

 

Die Fähigkeit, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden, die digitale Gesundheitskompetenz, die kommunikative Gesundheitskompetenz, die impfbezogene Gesundheitskompetenz sowie ökonomische Folgen von Gesundheitskompetenz seien in die Studie einbezogen worden. Seit 2019 hätten die beteiligten Länder daran gearbeitet, zu einem gemeinsamen konzeptionellen und methodischen Ansatz sowie neuen Messinstrumenten für die Erhebung und Auswertung zu kommen, heißt es in der entsprechenden Mitteilung.

 

Deutschland hat den höchsten Anteil an Bürgern mit geringer digitaler Gesundheitskompetenz

 

Das Problem laut dem Fachportal „Handelsblatt Inside Digital Health“: Trotz Bemühungen des Bundesgesundheitsministeriums in der letzten Legislatur landet Deutschland in der Studie auf dem letzten Platz. „Deutschland hat den höchsten Anteil an Bürgern mit geringer digitaler Gesundheitskompetenz (58 Prozent) und landet damit unter den zwölf Ländern auf dem letzten Platz. Frankreich (46 Prozent) und Belgien (45 Prozent) schneiden ebenso schlecht ab. Spitzenreiter sind Norwegen (22 Prozent), Portugal (26 Prozent) und Ungarn (29 Prozent), in denen der Anteil gering ist.“

 

„In der Studie wurden den Teilnehmern acht Fragen zur Nutzung von Gesundheitsinformationen im Internet gestellt. Sie sollten einschätzen, ob es ihnen leicht- oder schwerfällt, Online-Informationen zur Lösung von Gesundheitsproblemen zu nutzen. Weiterhin wurde gefragt, ob sie Informationen finden können, die sie brauchen, oder auch, ob sie beurteilen können, wie vertrauenswürdig eine Information ist beziehungsweise ob dahinter ein kommerzielles Interesse steht“, fasst „Handelsblatt Inside Digital Health“ zusammen.

 

Geringere Digitalkompetenz führt zur Belastung des Gesundheitssystems

 

Das zeigt nicht nur die mangelnde Digitalkompetenz, sondern führt zu handfesten gesundheitlichen Nachteilen. „Eine geringe Fähigkeit der Bürger, Informationen für die Gesundheitsförderung zu nutzen, führt laut der Studie zu einer Belastung des Gesundheitssystems. Menschen verhielten sich dann ungesünder, bewerteten ihren eigenen Gesundheitszustand schlechter und nehmen die Leistungen des Gesundheitssystems stärker in Anspruch“, schreibt „Handelsblatt Inside Digital Health“. Dies führe laut Artikel zu höheren Kosten für das System. „Umso wichtiger ist es, dass die Förderung von Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung, aber auch im Gesundheits- und Bildungssystem stärker in den Fokus der Politik genommen wird“, teilen die Forscher mit.

 

Und wie reagiert die Politik? Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) schreibt laut dem „Handelsblatt“ auf Anfrage, dass es die Entwicklung der Angebote für die Steigerung der digitalen Gesundheitskompetenz aufmerksam verfolgen wird. Den geringen Fortschritt in diesem Bereich erklärt das Ministerium damit, dass „eine Fülle von digital verfügbaren Informationen zu einer wachsenden Unübersichtlichkeit“ führt. Das BMG verweist zudem auf das Nationale Gesundheitsportal gesund.bund.de, das unter Minister Jens Spahn geschaffen wurde. Die Webseite hat aber nur sehr wenige Besucher, wie „Handelsblatt Inside“ berichtete.

 

Deutschland hat viele digitale Anwendungen nur auf dem Papier eingeführt

 

Dass man Deutschland nicht gerade als Vorreiter in der Digitalisierung des Gesundheitswesens bezeichnen kann, zeigt auch eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts (WIP) der Privaten Krankenversicherungen (PKV), über die „Handelsblatt Inside Digital Health“ berichtet. Sie vergleicht das deutsche digitale Gesundheitssystem mit dem von sechs anderen Ländern – mit unerfreulichen Ergebnissen. Die Auswertung ergibt, dass in Deutschland viele digitale Anwendungen auf dem Papier eingeführt sind, in der Praxis hakt es aber noch. Neben Deutschland haben die Studienautoren die Nachbarländer Österreich, Schweiz, Dänemark und Polen analysiert. Estland wurde als Land mit einer mustergültigen E-Health-Struktur einbezogen, Australien ist als außereuropäisches Land vertreten.

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